Dorfgemeinschaft, Miteinander, Vereine, Ehrenamt: Wie können wir das Sozialkapital in Schnifis nachhaltig stärken? Gemeinsam suchen wir Antworten auf diese Frage und testen manche in der Praxis.

Neben dem Human-, Sach- und Geldkapital stellt das Sozialkapital eine vierte Vermögensleistung dar, die eine Gesellschaft zu deren Erhalt und erfolgreicher Kooperationen generieren und entwickeln muss. Unter Sozialkapital versteht man den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft, welches auf Vertrauen, Normen, Werte, gegenseitiger Unterstützung, formellen und informelle Beziehungen basiert. Das Sozialkapital ist somit der entscheidende Verlässlichkeitsgarant für ein funktionierendes Miteineinder, sozusagen der Kit in unserer Gesellschaft Die Gemeinde Schnifis möchte im Zuge diese Projektes gemeinsam mit ihren Bürger:innen, Vereinen und Ehrenamtlichen am Sozialkapital in der Gemeinde arbeiten und Akzente setzen die den sozialen Zusammenhalt in einer Gesellschaft fördern sollen.

Ein oft zitierter Satz ist „Bim Reda komman dLüt zemma“ der gerade in Zeiten, wo social distancing zur Tagesordnung gehört hat, umso mehr an Bedeutung gewinnt. Um dem entgegenzuwirken und quasi als „sandbox“ zur freien Gestaltung stellt die Gemeinde für 23 Monate Interessierten attraktive Treffpunkte zur Verfügung, koordiniert dort Aktivitäten und lädt zum gemeinsamen Überlegen, Planen und Tun ein. Das Spezielle an diesen Treffpunkten wird sein, dass mindergenutzte Räumlichkeiten, in unserem Fall ein geschlossener/leerstehender Gastronomiebetrieb (Café Gerach) und der Gemeindesaal Laurentiussaal, dadurch multifunktionell für die Öffentlichkeit (ohne irgendwelche Eintrittsbarrieren) zugänglich gemacht werden und als Sozialräume agieren. Dies kann und soll Vorbildwirkung für andere Kommunen haben, um auch deren bestehendes Raumpotential optimaler auszunutzen. Parallel dazu werden wichtige Informationen rund um das Sozialkapital in der Gemeinde erfasst. In diesem Pilotzeitraum sollen Antworten und Lösungen gefunden und teilweise auch bereits in der Praxis getestet werden. Die Ergebnisse aus diesem Projekt ermöglichen es der Gemeinde, die verfügbaren Ressourcen möglichst wirksam auch zugunsten des Miteinanders in Schnifis einzusetzen und gezielt Verbesserungen anzugehen. Gleichzeitig stärken die Projektaktivitäten selbst das Sozialkapital in der Gemeinde.

Die Erkenntnisse nach Ende des Projekts:

Den Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft zu steigern. Die zu bearbeitenden Themen sind unter anderem Treffpunkte für die Bürger:innen, Gasthäuser, Wohnsituationen, Arbeitssituation-Auspendeln, ehrenamtliches Engagement. Das Projekt soll zu einer Stärkung des Sozialkapitials und des bürgerlichen Engagements beitragen.

Dorfgemeinschaft, Miteinander, Vereine, Ehrenamt: Wie können wir das Sozialkapital in Schnifis nachhaltig stärken? Gemeinsam suchen wir Antworten auf diese Frage und testen manche in der Praxis.

Auch in der Kleingemeinde Schnifis ist in den vergangenen Jahren der Druck auf das Miteinander im Dorf gestiegen. Die aktuelle Situation:

• Schnifis ist ein typisches „Wohndorf“: 90 % der 425 Erwerbstätigen arbeiten auswärts (Quelle: SBAEG 2021, Gemeinde Schnifis).
• Die Veränderungen in Gesellschaft und Wohnweise – verdichtetes Wohnen, mehr Single-/weniger Mehrgenerationen-Haushalte – bringen neue Bedürfnisse mit sich.
• Die Zentren und Ortskerne zu entwickeln und zu attraktiveren ist ein wichtiges Ziel der Raumplanung (Quelle: Raumplanungsgesetz Vorarlberg)
• Die Zahl der Gasthäuser ist in den letzten Jahrzehnten von sechs (Schäfle, Kreuz, Krone, Adler, Café Gerach, Schnifner Bädle) auf eins gesunken (Gasthaus Krone) – siehe Johannes Herburger: „Der Strukturwandel der Gastronomie in Vorarlberg“.
• Für Vereine, Genossenschaften etc. wird es immer schwieriger, aktive Mitglieder oder Funktionär:innen zu finden. Ähnlich ist es in gemeindepolitischen oder kirchlichen Bereichen.
• Auch beim Ehrenamt sinkt die Bereitschaft zum Engagement. Zunehmende Belastung im Beruf, Work-Life-Balance oder fehlende Identifikation sind nur einige der Gründe dafür.
• Gerade für alleinlebende Menschen höheren Alters sind die sozialen Treffpunkte enorm wichtig, um das Sozialkapital zu stärken und der Vereinsamung entgegenzuwirken.
• Aber auch für Jugendliche und junge Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren haben keinen informellen Treffpunkt mehr im Dorf, um sich außerhalb der Vereinsstrukturen zu treffen und dadurch Sozialkapital zu entwickeln.

Die Corona-Pandemie und die weltpolitischen Entwicklungen haben die negative Entwicklung in den vergangenen Monaten verstärkt. Das ist insbesondere mit Blick auf die anstehenden, nur gemeinsam bewältigbaren Herausforderungen kritisch: Speziell kleine Gemeinden können nur mit einem hohen Maß an Miteinander und Sozialkapital lebensfähig und attraktiv bleiben

In einem Schwerpunktzeitraum von 23 Monaten möchte die Gemeinde Schnifis mit ihren Bürger:innen, Vereinsverantwortlichen, ehrenamtlich Engagierten und im Austausch mit Expert:innen Antworten rund um Miteinander/Dorfgemeinschaft/Sozialkapital finden, z. B.: Was hilft uns jetzt und künftig, damit Dorfgemeinschaft, Miteinander, Vereine und Ehrenamt möglichst gut funktionieren? Was brauchen Vereine? Wie lassen sich Ressourcen, Räume, Plätze auch im Sinne des Sozialkapitals möglichst optimal nutzen?

Die Gemeinde

• mietet ein Lokal (Café Gerach) und adaptiert den Gemeindesaal (Laurentiussaal) an die Gegebenheiten und stellt es als attraktiven sozialen Treffpunkt zur Verfügung.
• koordiniert dort verschiedene eigene Aktivitäten, z. B. Mittagstisch, regelmäßige Senior:innen-Treffen, Vorträge, Reparatur-Cafés, Sprechstunden, Bürgerstammtische usw.
• lädt Vereine, Institutionen, ehrenamtliche Engagierte u.a. ein, den Treffpunkt für sozialkapital fördernde Aktivitäten (wie z.B. Spielenachmittage, Mutter/Kind-Treffen, Neuzugezogenenfrühstück, Generationentreffen, Pfleger:innen-Austausch, … ) zu nutzen und unterstützt sie dabei. Dafür ist seitens der Gemeinde auch ein Kleinprojektefonds zur Unterstützung solcher Aktivitäten vorgesehen.

Dabei werden neue Formate oder technische/organisatorische Lösungen in der Praxis getestet. Begleitend dazu werden wichtige Informationen rund um das Sozialkapital in der Gemeinde strukturiert erfasst. Dazu sind u.a. eine Umfrage, Einzelgespräche, Treffen mit Vereinsfunktionär:innen und die Vernetzung in der Region und darüber hinaus vorgesehen. Über die Öffentlichkeitsarbeit/Kommunikation im Projekt und die dort laufenden Aktivitäten wird das Verbindende in der Gemeinde verstärkt sichtbar.

Durch die Wiederbelebung des derzeit nicht genutzten Café Gerach wird dem Leerstand entgegengewirkt.

Innovationsgehalt

Die Gemeinde Schnifis setzt im Projektzeitraum einen erlebbaren Schwerpunkt auf das gemeinsame Arbeiten am Miteinander im Dorf und investiert hier auch gezielt. Sie ist Impulsgeberin und Trägerin für einen niederschwelligen, rasch verwirklichbaren Dorf-Treffpunkt und vernetzt Akteur:innen. In einer Art Lernwerkstatt sammeln die Beteiligten im praktischen Tun Informationen und Erfahrungen. Veranstaltungsformate, Kommunikationskanäle oder neue technische und organisatorische Lösungen werden getestet.

Eine derartige konzentrierte und gesteuerte Auseinandersetzung mit dem Sozialkapital ist in der Gemeinde Schnifis bisher nicht erfolgt und kann Vorbildwirkung für andere Gemeinden haben.

Nachhaltigkeit

Die politischen Gremien der Gemeinde, Vereinsverantwortliche und andere Stakeholder entwickeln das Sozialkapital in der Gemeinde auf Basis der Erkenntnisse aus dem Projekt weiter. Erfolgreiche Formate, Kommunikationskanäle, technische oder organisatorische Lösungen werden weiterverwendet und soziale Treffpunkte werden auch über die Projektphase weiterhin betrieben.

Regionaler Mehrwert

Das Projekt findet innerhalb der Gemeinde Schnifis statt.

Die Ergebnisse aus dem Projekt können auch für Herausforderungen und Lösungen in vergleichbaren Situationen/Gemeinden herangezogen werden.

• Arbeitsprogramm für die Stärkung des Sozialkapitals in Schnifis
• Tätigkeits- und Erfahrungsbericht zum Treffpunkt/zur Lernwerkstatt: Gesammelte Informationen; Erfahrungen und Antworten, wie die Gemeinde verfügbare Ressourcen möglichst optimal auch zugunsten des Sozialkapitals einsetzt; wo Verbesserungen sinnvoll sind; zum Status und zu Entwicklungsperspektiven von Vereinen u.ä..
• Konkrete Erfahrungen zu den Wirkungen von einzelnen Veranstaltungsformaten, Kommunikationskanälen und anderen Impulsen.
• Konkrete Empfehlungen für die Gestaltung von Treffpunkten im Dorf
• Mehr Bewusstsein für das Miteinander im Dorf und eine Gegenbewegung zu den trennenden Tendenzen
• Ausbau des Café Gerach und des Laurentiussaals zu einem multifunktionellen sozialen Treffpunkt

AF3 Gemeinwohl, Strukturen und Funktionen

Thema 3.1 Bevölkerungsentwicklung

Maßn. 3.1.2 Ehrenamt und Engagement im 21.Jahrhundert

AF3 Gemeinwohl, Strukturen und Funktionen

Thema 3.2 Siedlung und Wohnen

Maßn. 3.2.1 Nachhaltiges Wohnen, Bauen und Nutzen